Verwaltungsgerichtshof hebt Einreiseverbot einer minderjährigen Usbekin auf

Verwaltungsgerichtshof hebt Einreiseverbot einer minderjährigen Usbekin auf


Frau D. ist usbekische Staatsbürgerin und stellte im Juli 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid von März 2017, iVm mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung, vollinhaltlich abgewiesen. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden gemeinsam mit jenen der Eltern mit Erkenntnis des BVwG von April 2017 als unbegründet abgewiesen.

Im November 2018 stellte sie, mit ihren Eltern, einen Antrag auf Erteilung eines „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ gemäß § 55 AsylG 2005, den sie mit ihrer mittlerweile erlangten Integration in Österreich begründete. In Folge, wies das BFA mit Bescheiden im Jänner 2019, die Anträge ab. Unter einem erließ das BFA neuerlich Rückkehrentscheidungen, die es mit einen auf zwei Jahren befristeten Einreiseverboten und der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Usbekistan, verband. 

Der Beschwerde gab das BVwG mit Erkenntnis im Februar 2019 insoweit statt, als es die Dauer der Einreiseverbote auf fünfzehn Monate reduzierte. Im Übrigen wies es die Beschwerden ab.

Dagegen erhob Frau D. im April 2019 eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, welcher mit Erkenntnis im Mai 2019,der Revision, nämlich soweit sie sich gegen die Erlassung des die Revisionswerberin betreffenden Einreiseverbotes richtet, Folge gab und das angefochtene Erkenntnis in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob.

Als Begründung führte der VwGH an, dass das BVwG keine Feststellungen getroffen habe, die eine Beurteilung erlaubten, die Revisionswerberin stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Das BVwG habe keine Feststellungen hinsichtlich eines Verhaltens getroffen, das ihr persönlich angelastet werden könne. Sie sei ein minderjähriges Mädchen, das lediglich bei seinen Eltern in Wien gelebt habe, hier zur Schule (zuletzt ins „Gymnasium“) gegangen und sich zu keinem Zeitpunkt bewusst gewesen sei, dass sie sich hier nicht aufhalten dürfe. Ihre Eltern hätten sie insoweit „im Unwissen gelassen“.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme.

Diesen Anforderungen hat das BVwG nicht entsprochen, indem es - ohne auch nur ansatzweise auf das Alter der zwölfjährigen Revisionswerberin und ihre Lebensumstände Bedacht zu nehmen - das auch gegen sie erlassene Einreiseverbot lediglich mit einer pauschalen Begründung für alle Familienmitglieder, die sich inhaltlich jedoch nur auf ihre Eltern bezog, rechtfertigte. Dabei wurde aber vom BVWG auch außer Acht gelassen, dass aus einem bisherigen und aktuellen (Fehl-)Verhalten nachvollziehbar auf eine solche zukünftige Gefährdung zu schließen die es Frau D. verbietet nach Österreich einzureisen und sich aufzuhalten. Diese Begründung einer zukünftigen Gefährdung ist den Feststellungen des BVwG nicht zu entnehmen. Dem Inhalt der Begründung zufolge wurden das Einreiseverbot - sowohl vom BFA als auch vom BVwG - vielmehr als Strafe für den unrechtmäßigen Aufenthalt und die Nichtausreise verhängt.

In dem Verfahren stellt sich die Frage, weshalb aus dem unrechtmäßigen Aufenthalt eines hier die Schule besuchenden und insoweit gut integrierten zwölfjährigen Kindes und seiner Nichtausreise auf dessen zukünftiges maßgebliches fremdenrechtliches Fehlverhalten hätte geschlossen werden können.  Abgesehen davon, dass nämlich ein unrechtmäßiger Aufenthalt per se - neben der Erlassung einer Rückkehrentscheidung - nicht immer auch noch die Verhängung eines Einreiseverbotes rechtfertigt. Einem Kind wie Frau D. kann nicht der objektiv unrechtmäßige Aufenthalt subjektiv nicht im gleichen Ausmaß wie den Eltern zur Last fallen. Das spricht somit klar gegen eine zukünftige Gefährdungsprognose für Frau D., da sie nicht alleine ohne ihre Familie aus Österreich nach Usbekistan ausreisen kann. 

Das BVwG nahm die gesetzlich gebotene Einzellfallsprüfung hinsichtlich der Umstände der Frau D. nicht vor. Zusammenfassend ergab sich, dass das gegen Frau D. erlassene Einreiseverbot keine Grundlage hat, weshalb das Erkenntnis in diesem Umfang aufgrund Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuhaben war. 

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